Der Bewegungsmelder

 

 

 

Online-Zeitung

 

 

 

 

 

 

 

Menschen bewegen Menschen

avanti-shanti

 

 

 


 

Eingang

 

Die Idee zu dieser Zeitung kam mir in der persönlichen Nach- betrachtung zur Fahrrad-Demo 2006.

Im Juli/August des letzten Jahres begannen 15 Menschen von Bielefeld aus, per Pedale, eine Fahrt nach Bozen.

Ziel war es auf die indische Landrechts -bewegung Ekta Parishad aufmerksam zu machen, welche sich mit gewaltfreien Methoden gegen den widerrechtlichen Landraub im Namen des Naturschutz und der Entwicklung durch die indische Regierung und multinationale Konzerne, zur Wehr setzt.

 

 

 

 

 

Ekta parishad, was so viel bedeutet wie solidarischer Bund oder gemeinsamer Rat,  begreift sich als Bewegung, als kollektive Kraft, die sich für den Erhalt des natürlichen und menschlichen Lebensraumes einsetzt, denn rein faktisch bedeutet der Landraub, für die dort lebende indische Bevölkerung den Entzug ihrer Existenzgrundlage.

Entschädigungszahlungen und Umsiedlungs- programme können einen Fakt nicht verhindern: Geld kann man nicht essen.

 

 

 

 

 

Aus dieser Erkenntnis heraus gelang und gelingt

Ekta parishad die Menschen zu mobilisieren. Jeder fuß, jede hand, jedes herz ist wichtig, um den Respekt vor dem Leben, dem der Ausbeutung von Bodenschätzen voranzustellen.

 

Der Wert des Lebens ist immer mehr Wert als dessen Verwertbarkeit.

Immer. Überall.

 

 

 

 

 


 

 

  

 

    Menschen bewegen Menschen

    avanti - shanti

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Europa – oder wo bitte liegt Indien?

 

 


Als häufiger „stand“man sah ich mich oft der frage gegenübergestellt: „ja, das mag ja alles sein, aber wir leben hier in Deutschland, und wir haben unsere eigenen Probleme, was geht mich da Indien an? die frage ist berechtigt und gleichermaßen entlarvend zeigt sie doch, das es selbst in den Milch – und – Honig Ländern Gewinner und Verlierer gibt. Diese Tatsache ist nicht neu. Sie wird nur allzu häufig, als unabwendbar angesehen. das führt dazu dass sich die spirale der individuellen Konkurrenz immer stärker immer schneller dreht. Solidarität und eine gemeinsame kraft, kann und soll sich so auch nicht entwickeln. Die politischen Entscheidungen werden weitgehend den gewählten Volksvertretern überlassen, und das mehrheitlich demokratische Selbstverständnis beschränkt sich darauf diese wiederzuwählen oder auch nicht. Das Gefühl durch sein eigenes Handeln zusammen mit anderen dinge verändern zu können, eine gemeinsame Kraft zu werden, ist uns in den Industrieländern, in Deutschland zu mal weitestgehend verloren gegangen. hier haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fahrraddemo 06 gezeigt, das es auch anders geht: wir waren so bunt wie wir sind: wir spielten Theater, zeigten Filme, machten Musik, diskutierten mit den Leuten, ja, und manchmal schwiegen wir sogar. ganz egal wie wir waren, wir waren jeder für sich glaubwürdig, und als solidarische Gemeinschaft überzeugend. Dieses spürten die Menschen, brachten uns ihr Interesse entgegen, manche brachten sogar ihr Fahrrad mit und schlossen sich an.


 

 

 

 

                 Menschen bewegen Menschen

                     Avanti - Shanti

 

 

 

 

Der Weg nach vorn

 


Diese Fahrrad- demonstration hat mich trotz aller Widrigkeiten, darin bestärkt, dass eine solidarische Bewegung möglich ist. ich glaube, dass die Menschen es satt haben, ihren Lebensinhalt einzig und allein in der Geldver-mehrung zu sehen, durch einen Begriff der Freiheit, der in diesem  System meistens an materiellen Wohlstand geknüpft ist.

 

Wenn Innenstädte nur noch zu Konsummeilen degenerieren, ansonsten aber jegliche Facetten des Lebens in ihnen verschwinden  wenn Menschen nur noch zu zwei-beinigen Scheckkarten mutieren - und ist dieser nicht gedeckt, sie ganz schnell ausgecheckt sind -, dann nehmen wir sie in ihrer Vielfalt und Einzigartigkeit nicht mehr wahr.

 

Menschen brauchen Freiräume, um ihre Träume, Wünsche, Sehnsüchte, Ängste und Hoffnungen artikulieren zu können. Sie brauchen ihre Lieder, Bilder, Theaterstücke – jegliche kreative Arbeit, um mit sich, in dieser immer schneller werdenden Zeit Schritt zu halten.

 

Wir, als Bewegung sollten diese Freiräume nicht nur schaffen, sondern auch gemeinsam versuchen, diese zu vergrößern.

 

Nehmen wir die Menschen, mit ihrer eigenen Persönlichkeit ernst. Gerade jenen die in diesem System bewusst keine stimme mehr haben sollen, oder freiwillig verstummt sind, sollten wir die Chance geben diese wieder zu finden.

 

Ich weiß, das hört sich jetzt alles ziemlich groß an, und das ist es wahrscheinlich auch, aber es gilt:  reden wir uns nicht kleiner als du und ich sind, denn das machen schon andere.

 

Was haben wir zu verlieren?

 

Eigentlich nichts. - Wir gehen in die Welt zurück, aus der wir gekommen sind: doch, das wird sie dann nicht mehr sein.


 

 

 

  

 

     Menschen bewegen Menschen

     avanti shanti

 

 

 

Interview mit Herrn O

 

 

Frager:  Herr O, sie sind der Präsident der deutschen Bodenturnvereinigung?

 

Herr O:  Ja. Ja

Frager:  Wie fällt ihr Fazit zur Jahresbilanz aus?

 

Herr O:  Nun die deutsche Bodenturnvereinigung hat im letzten Jahr an  gesellschaftlichen Einfluss gewonnen. Ich glaube jetzt kann man mit Fug und Recht von einer Bodenturnrepublik Deutschland sprechen…

 

Frager:  Das war nicht immer so, oder?

 

Herr O:  Nein, nein, beileibe nicht. Es gab empfindliche Niederlagen. - Nehmen sie das Jahr 68.-

Da gab es Turner die sagten:

 

Nein diese Übung machen wir nicht mit.

 

Sie rollten ihre Matten zusammen und gingen aus der Halle auf die Straße.

Wir als Regierung mussten damals hart durchgreifen.

 

Frager:  Aber sie sind doch der Präsident der deutschen Bodenturnvereinigung?

 

Herr O:  Ja. Ja. – Eben.

 

Frager:  Gut. Nächste Frage. Dann ist der Konkurrenzverband Pleite gegangen…

 

Herr O:  Ja… Ja, ja pleite … marode einfach fertig sie sagen es. Und wir hatten die Freiheit wenigstens noch in der B-Note. Den künstlerischen Ausdruck sollte man nicht gering schätzen…

 

Frager:  Und die Zukunft?

Herr O:  Global. Global. und Golden. Golden. Die Turnerschaft macht jetzt ihre Übungen auch wenn wir nicht in der Halle sind. Das Hirn hat die Matte fast erreicht.

 

Frager:  Das klingt gut. Herr O.

Herr O:  Ja. Das ist gut.

 

 

Torsten Breitkopf

 


 

 

 

 

                          

 

Menschen bewegen Menschen

avanti shanti

 


Zum Schluss, oder wer weiß, vielleicht für den Anfang?, noch eine Geschichte, welche mir Sanjay per Mail zu sandte …

Und schießt mir nicht den Vogel ab…   

 

 

 

Ich weiß nicht, ob dies der Realität entspricht oder ein Produkt der Fantasie ist, aber ich weiß sehr wohl, DASS es Fantasie gibt, also ist sie real ...naja, wie auch immer...

der Legende nach gibt es keinen Vogel auf der ganzen Welt, der so schön singt, wie der Uirapuru. Im Amazonas Regenwald, wenn er singt, verstummen alle anderen Vögel im Wald. Und nicht nur die anderen Vögel, sondern auch alle anderen Tiere, von den größten und grausamen bis zu den ganz kleinen und schüchternen, werden auf einmal mucksmäuschenstill: Der schwarze Panther, die Kobra, der Aligator - und die Elefanten, wenn es sie gäbe - und sogar die Schlangen mit und ohne Rassel - bis zu den kleinen Würmern, die unter der Erde leben - blind, aber nicht taub - die an die Erdoberfläche kommen, um gespannt dem sagenhaften Konzert von dem Uirapuru zu lauschen.

Der Legende nach begeht sogar der Wind eine Dummheit: er begeht Selbstmord, er stoppt und lauscht...ein stilles Publikum! Und sogar der widerspenstige Pororoca - die Flutwelle an der Mündung des Amazonas, die man in alle Himmelsrichtungen zehn Kilometer weit donnern hören kann - beruhigt sich für einen Augenblick und die revolutionären Gewässer des Amazonas unterschreiben einen (kurzen) Friedensvertrag mit den konservativen Fluten des Ozeans...die Flußmündung wird zu einer seelenruhigen Lagune und all das Wasser lauscht gespannt der Stimme des Uirapuru...

Sogar die Blätter haben Angst, von den Bäumen zu fallen...Menschen und Tiere haben Angst,

mit den Augen zu blinken, denn das Geräusch ihrer Augenlider könnte unter Umständen das Konzert von dem Uirapuru stören...
Und wann singt er, der Uirapuru???

Er singt genau von dem kostbaren Moment, an dem er das Nest fertig gebaut hat, bis sein weibchen das erste Ei legt. Dieses Konzert von hervorzückender Musik ohnegleichen dauert ca. 10 bis 15 Minuten...
Sobald das Ei gelegt ist, verstummt er und wird nicht vor dem nächsten Jahr wieder anfangen zu singen, wenn das nächste Nest fertig ist.

Dann fangen die fleischfressenden Tiere wieder ihre blutrünstige Routine an, der Wind wird wiedergeboren, die Schlangen hissen, die Büffel Muuuuhhen, die Schweine grunzen, die Frösche Quaaaken .... und alle schämen sich für die unglaublich kakophonen (unschönen, [asselbertigen]) Laute, die sie von sich geben... "oh, wenn der Uirapuru nur EINMAL wieder singen würde!!!"


Aber zum Glück wird er nächstes Jahr, wenn das nächste Nest fertig ist, das selbe Lied singen, genau die selben Töne, die selbe Melodie, den selben Rhythmus... und der Uirapuru, der aus diesem Ei geboren wird, wird auch ganz genau das selbe Lied singen, es ist genetisch vorprogrammiert!

[meiner Schwägerin ist etwas wunderschönes aufgefallen: es gibt ja nicht nur einen Uirapuru, der einmal im Jahr für zehn minuten sein Konzert gibt...die VERMEHREN SICH AUCH... das heißt wenn wir nur WIRKLICH GUT HINHÖREN, können wir dem Konzert in JEDEM AUGENBLICK, mit JEDEM ATEMZUG lauschen!!!)

Doch von allen Meisterwerken der Natur ist der Uirapuru - so wunderschön er singen mag - noch immer nicht das großartigste. Das großartigste sind wir Menschen, die wir die Fähigkeit zu träumen haben...

 


(Augusto Boal: Legislative Theatre; Kapitel 11: suicide of the wind; frei und unvollständig übersetzt von Sanjay Kumar)

 

 

 

 

 

 

 

 

Menschen bewegen Menschen

avanti shanti